Die Wohnraumverdichtung in deutschen Innenstädten hat in den letzten Jahren eine neue Dynamik erfahren – so auch in Erlangen. Mit dem Wandel von Lebens- und Arbeitsgewohnheiten, und dem Wunsch nach nachhaltiger Stadtentwicklung treten immer häufiger Fragen zur optimalen Nutzung vorhandener „Innenstadt-Flächen“ ins Zentrum der Debatte. Der Nachfragedruck gerade auf dem Erlanger Wohnungsmarkt ist allgemein hoch. Dieser Artikel beleuchtet die Thematik der Wohnraumverdichtung in der Erlanger Innenstadt.
Was bedeutet Wohnraumverdichtung?
Unter Wohnraumverdichtung versteht man die bauliche Verdichtung bestehender urbaner Gebiete, meist durch die Aufstockung, Anbau oder Umnutzung von Bestandsgebäuden, die Schließung von Baulücken oder den Ersatz von Altbeständen durch hochverdichtete Neubauten. Ziel dabei ist, mehr Wohnraum auf gleicher Flächenbasis zu schaffen, ohne neue Flächen zu versiegeln.
Vor- und Nachteile der Wohnraumverdichtung
Vorteile
- Effiziente Nutzung vorhandener Flächen: Durch Wohnraumverdichtung wird der bestehende Stadtraum optimal genutzt, Versiegelung neuer Flächen am Stadtrand wird vermieden.
- Förderung nachhaltiger Mobilität: Verdichtete Gebiete liegen oft zentrumsnah, was kürzere Wege zu Arbeitsplätzen, Einkaufsmöglichkeiten und öffentlichen Verkehrsmitteln bedeutet.
- Stärkung des urbanen Lebens: Eine höhere Bevölkerungsdichte kann zu einer Belebung des Stadtbilds führen, was wiederum Gastronomie, Einzelhandel und kulturelle Angebote fördert.
- Ökologische Vorteile: Durch Reduktion des Flächenverbrauchs und bessere Ausnutzung der vorhandenen Infrastruktur wird der ökologische Fußabdruck reduziert.
- Soziale Vielfalt: Verdichtung kann helfen, ein attraktives Angebot an Wohnraum für verschiedene Alters- und Einkommensgruppen zu schaffen und somit einer sozialen Entmischung entgegenwirken.
Nachteile
- Steigender Verkehr: Eine höhere Bewohnendenzahl kann zu einer Zunahme des Verkehrsaufkommens und damit zu Problemen bei Lärm und Luftqualität führen.
- Herausforderungen für die Infrastruktur: Die bestehenden Versorgungsnetze (z. B. Wasser, Strom, Abwasser) müssen eventuell ausgebaut oder saniert werden, um die höhere Kapazität zu bewältigen.
- Soziale Konflikte: Bestehende Nachbarschaften können durch neue Bauprojekte und eine veränderte Bevölkerungsstruktur unter Druck geraten.
- Architektonische Herausforderungen: Die Integration neuer Gebäude in das historische Stadtbild Erlangens erfordert Fingerspitzengefühl, um Idylle und Stadtbild zu erhalten.
Genehmigungsverfahren
Der Weg von der Planung bis zur Realisierung einer Nachverdichtung ist komplex und unterliegt zahlreichen gesetzlichen Vorgaben.
- Bebauungsplan und Flächennutzungsplan: Vor Beginn eines Projekts ist zu prüfen, ob das Vorhaben mit dem geltenden Bebauungsplan der Stadt Erlangen im Einklang steht. Oft müssen Bebauungspläne angepasst werden, was einen langwierigen Genehmigungsprozess nach sich ziehen kann.
- Baugenehmigung: Jedes Verdichtungsprojekt erfordert eine Baugenehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde. Hierzu sind vollständige Bauantragsunterlagen, inklusive Entwurfsplänen, Statik und Nachweisen zum Brand- und Schallschutz einzureichen.
- Denkmal- und Ensembleschutz: Erlangens Innenstadt weist zahlreiche denkmalgeschützte Gebäude auf. Verdichtungsmaßnahmen in oder in der Nähe historischer Bauten erfordern besondere Abstimmungen mit der Denkmalschutzbehörde.
- Beteiligung der Öffentlichkeit: Bei größeren Projekten ist eine Bürgerbeteiligung vorgeschrieben. Anwohner und Interessengruppen dürfen Einwände erheben, was zu Verzögerungen im Genehmigungsprozess führen kann.
- Sondergenehmigungen: Je nach Art des Projekts (z. B. Tiefgaragen, Aufstockung über bestimmter Höhe) können weitere Genehmigungen und Gutachten (z. B. Umweltverträglichkeitsprüfung) notwendig sein.
Wohnraumverdichtung in Kombination mit energetischen Gebäudemaßnahmen
Wer generell eine (energetische) Sanierung für sein Gebäude in Betracht zieht, kann bei der zeitgleichen Umsetzung eines Wohnraumverdichtungsprojekts Vorteile erzielen:
So können mögliche Förderungen für energetische Sanierungsmaßnahmen und Heizsystem einen Teil der Kosten für zusätzlichen Wohnraum direkt kompensieren.
Gerade wenn ohnehin das Dach für eine energetische Sanierung (Aufsparrendämmung) geöffnet wird, ist der Aufwand zur Aufstockung sehr viel geringer, als wenn dieser Schritt separat durchgeführt wird. Da auch Dachflächenfenster zu energetisch hochwertigeren Modellen getauscht werden, ist es nur noch ein kleiner Schritt zum Ausbau des Dachgeschosses zur Gewinnung von zusätzlichem Wohnraum.
Durch Verwendung von Fertigbauteilen in Leichtbauweise wird zum einen die Bauzeit verkürzt, zum anderen entsteht weniger Baulärm und -schutt. Ebenso kommt diese Bauweise der Tragfähigkeit der Fundamente und unterliegender Stockwerke entgegen.
Umsetzungsdauer
Die Umsetzung eines Wohnraumverdichtungsprojekts in der Innenstadt von Erlangen ist von vielen Faktoren abhängig:
- Planungsphase: Erste Ideenskizzen, Abstimmungen mit Architekten und die Sicherung der Finanzierung nehmen in der Regel 6 bis 12 Monate in Anspruch.
- Genehmigungsphase: Die Dauer des Baugenehmigungsverfahrens variiert stark. In Erlangen ist je nach Komplexität mit 6 bis 24 Monaten zu rechnen. Insbesondere Anpassungen am Bebauungsplan oder Einsprüche aus der Öffentlichkeit können zu erheblichen Verzögerungen führen.
- Bauphase: Die reine Bauzeit beträgt für kleinere Maßnahmen (z. B. Dachaufstockung) etwa 6 bis 12 Monate, bei größeren Neubauprojekten oder komplexen Umnutzungen können 18 bis 36 Monate realistisch sein.
- Gesamtdauer: Vom ersten Entwurf bis zur Fertigstellung sollte für typische Innenstadtnachverdichtungen mit einer Gesamtdauer von 2 bis 5 Jahren gerechnet werden.
Zu erwartende Kosten pro Quadratmeter
Die Kosten für Wohnraumverdichtung in der Innenstadt Erlangens hängen von zahlreichen Faktoren ab: Bauliche Anforderungen, Integration ins Stadtbild, Denkmalschutz, energetische Standards und vieles mehr. Auswertungen in vergleichbaren Städten sowie Erfahrungswerte aus der Region ergeben folgende Richtwerte:
- Gesamtkosten (inklusive Planung, Genehmigung, Außenanlagen, Ausstattung): Realistisch sind 3.500 bis 5.500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche in der Innenstadt von Erlangen.
- Sonderkosten: Denkmalschutzauflagen, Tiefgaragen, Aufzüge oder hochwertige Fassadengestaltungen können die Kosten weiter erhöhen. Bei besonders hochwertigen oder technisch anspruchsvollen Projekten sind auch 6.000 Euro pro Quadratmeter und mehr möglich.
- Kosten für Bestandsumnutzung: Bei Um- oder Ausbau bestehenden Wohnraums – beispielsweise Dachgeschossausbau – liegen die Kosten meist zwischen 2.500 und 4.000 Euro pro Quadratmeter, abhängig vom Zustand der Immobilie und den Anforderungen an Energieeffizienz und Brandschutz.
Fazit
Die Verdichtung von Wohnraum in der Innenstadt von Erlangen bietet – wie in vielen deutschen Städten – zahlreiche Chancen, stößt jedoch auch auf ernstzunehmende Herausforderungen. Sie ist ein wirksames Mittel gegen Wohnungsknappheit und Flächenversiegelung, verlangt jedoch ein ausgewogenes Vorgehen und die Abwägung von Interessen unterschiedlicher Gruppen. Wer ein solches Projekt anstrebt, sollte sich frühzeitig mit der Genehmigungslage vertraut machen und ausreichend Zeit sowie finanzielle Ressourcen einplanen. Trotz der Kosten und des Aufwands bleibt die Nachverdichtung eine der wichtigsten städtebaulichen Aufgaben der kommenden Jahre, um lebenswerte, nachhaltige und soziale Innenstädte zu erhalten und zu gestalten.